Dead Man writing

Am 10. Oktober ist der Internationale Tag gegen die Todesstrafe. Auch deshalb featured die aktuelle Ausgabe des amnesty journals dieses Thema. Unter anderem mit einer Bildstrecke der New Yorker Künstlerin Celia Shapiro mit dem Titel "Last Suppers". Darin wird das letzte Mahl amerikanischer Todeskandidaten vor ihrem Gang zum Elektrischen Stuhl oder zur Spritze nachgestellt.

Diese Speisen kann man auch hier nachlesen... und sich Merchandising dazu bestellen. Hm... Amis...

Mich hat das Thema jedenfalls gestern den ganzen Tag beschäftigt und ich habe mich auf die Suche nach meiner Briefschachtel gemacht, die Briefe von einem lang vergessenen Brieffreund enthalten. Ich war mir sicher, die Schachtel aufgehoben zu haben, konnte sie aber leider nicht finden, also muss ich noch etwas mehr in meiner Erinnerung kramen...

Die Geschichte beginnt 1992. Ich war gerade aus den USA zurückgekehrt und nicht wirklich glücklich im Studium und mit dem alleine sein in einer neuen Stadt. Eine Freundin kam auf die Idee, mir einen Brieffreund in Amerika zu suchen - zur Ablenkung. In den prä-Internet-Zeiten ging das per Kleinanzeige in einem amerikanischen Anzeigenblättchen. Bald kam Post. Unter anderem aus einer "Correctional Institution" in Florida. Von Daniel.

Daniel schrieb, es säße in Florida im Gefängnis und warte auf die Todesstrafe. Angeblich hätte er mehrere Menschen umgebracht, aber das sei natürlich nicht wahr. Ich war entsetzt. Mir wurde zum ersten Mal bewusst, das es die Todesstrafe wirklich gibt. In meiner jugendlichen Empörung rief ich bei amnesty an. Die Frau am Telefon hörte mir geduldig zu und fragte mich schließlich: "und was sollen wir da jetzt tun?". Das wusste ich allerdings auch nicht so genau.

Ich schrieb also zurück. Es war ein langsames Herantasten. Auf meiner Seite sicher auch eine gewisse Faszination für das Böse, das Unvorstellbare. Daniel schickte mir selbst geschriebene Gedichte und selbst gemalte Bilder von Raubvögeln und Indianern. Er war selbst zum Teil Indianer. Er schrieb wenig von seinem Alltag im Gefängnis, wahrscheinlich gab es da nicht viel zu erzählen, dafür viel von seinem 'Auftritt' bei Americas Most Wanted, einer Art Aktenzeichen XY in den USA. Auch beteuerte er immer wieder seine Unschuld und dass er aus rein rassistischen Gründen verurteilt wurde.

Wir schrieben uns über ein Jahr lang regelmäßig, bis eines Tages die Frage aufkam, ob ich ihn nicht besuchen könnte. Man würde mich für drei Tage einfliegen und ich könnte ihn jeden Tag eine Stunde sehen. Ich sollte in der Zeit bei seiner Familie wohnen. Ich wurde panisch, hatte Angst, habe aber trotzdem lange mit mir gerungen... und letzten Endes doch den Schwanz eingezogen. Heute bin ich froh, dass ich es nicht getan habe. Wer weiß, wie ich die Sache mit meinen 19 Jahren verarbeitet hätte? Damals machte ich mir Vorwürfe.

Nach meiner Absage kamen keine Briefe mehr von ihm. Ich konnte ihn irgendwie verstehen.

Daniel wurde 1998 (nach 13 Jahren in der Todeszelle) in Florida auf dem Elektrischen Stuhl hingerichtet. Er war 40 Jahre alt. Wen seine Geschichte interessiert, der kann sie hier nachlesen.

Ob ich denke, dass er diese Strafe verdient hat? Ich bin der festen Überzeugung, dass er die Morde begangen hat und dafür auch zur Rechenschaft gezogen werden musste. Ich bin allerdings auch der Meinung, dass die Todesstrafe nie eine Lösung sein kann. Für kein Verbrechen und in keinem Land.

Wer sich für die Menschenwürde und gegen Menschenrechtsverletzungen einsetzen will, kann das sehr einfach bei amnesty international tun. Bei den Briefaktionen/Urgent Actions kann man zum Beispiel mit relativ geringem Aufwand einiges bewirken.

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Geflügelte Jahresendfigurgedanken

Jahresende. Hat für mich immer so was esoterisch-nachdenkliches (wäh, hört sich nach Räucherstäbchen und Jutetasche an). Liegt vielleicht am Geburtstagsblues oder am trüben Wetter. Vielleicht auch an der gesamtpolitischen Lage (ja, klar!). Jedenfalls bin ich mir nach eindringlichem hin und her überlegen immer noch nicht schlüssig, ob das vergangene Jahr ein gutes war.

Fangen wir doch mal mit der Gesundheit an. 'Hauptsach' mir san g'sund' sagen die Bayern, alles andere sei egal. Gesundheit war soweit OK. Wobei... vielleicht ist ja was für andere der GAU wäre für mich ganz akzeptabel. Drücken wir es mal so aus: ich bin im Jahr 2005 zu 90% morgens schmerzfrei aufgestanden. Ich kann dieser Tatsache durchaus etwas abgewinnen.

Das Geschäftsjahr war soweit in Ordnung - wie man es eben im zweiten Jahr der Selbständigkeit erwarten kann. Teils 70-Stunden Wochen, teils Nase bohren. Die Nasebohren-Wochen sind aber leider nicht in die Schönwetter-Wochen gefallen. Aber auch das ist zu verschmerzen, so viele Schönwetterwochen gab's ja eh nicht. Abgesehen vom Umsatz, der sich im Vergleich zum Vorjahr um fast 100% (ich hab's heute mit den Prozentzahlen irgendwie) verbessert hat, konnte ich mich auch an das herantasten, was gemeinhin als 'Profil' bezeichnet wird. Aufträge rangierten von der Webseitenübersetzung fürs Dominastudio bis zum multinationale-Riesenfirma-Projektmanagement. Ja, wie gesagt: Profil.

Erstaunlicherweise habe ich ein paar nette Leute kennengelernt, obwohl ich mich viel zu sehr in meinem Home-Office verbarrikadiert hatte. Das muss nächstes Jahr auf jeden Fall besser werden (das Verbarrikadieren bzw. dies eben nicht zu tun). Vielleicht geht der Trend ja doch langsam zum externen Büro, wobei mich die Kosten noch etwas abschrecken. Virtuelles Netzwerken schön und gut, aber die Kaffeemaschinengespräche fehlen mir hier schon sehr.

<Blödsinn> Manchmal bestelle ich schon aus Verzweiflung was bei amazon, damit ich wenigstens mit dem Paketboten quatschen kann... </Blödsinn>

Beim richtigen und verzweiflungsfreien Umgang mit dem Einzelkämpfertum helfen mir seit Februar die Mädels aus meinem Erfolgsteam. Hört sich an wie Kaffeeklatsch, ist aber beinharte Zielbearbeitung und manchmal auch gegenseitiges Kopfwaschen. Aber auch viel Motivation, starke Schultern und Rotwein.

Persönlich wie gesagt ein paar nette Bekanntschaften geschlossen, auch ein paar 'alte' Bekannt-/Freundschaften wieder zum Leben erweckt. Generell hat sich vieles im privaten Kreis abgespielt, weniger um die Häuser ziehen, mehr Cocooning. Weniger Kino, mehr DVD - weniger Konzert, mehr CD. Und ich habe viel, viel, viel gelesen. Auch nicht gerade der perfekte Ausgleich zur täglichen Textarbeit, aber hat trotzdem gut getan. Ja, ich war zufrieden dieses Jahr. Im Nachhinein fürchte ich zwar, einiges verpasst zu haben, aber eigentlich ging's mir gut. Nur im nächsten Jahr soll's anders werden. Mehr Kontakt zu 'echten' Menschen, weniger virtuelles rumwerkeln.

Bisschen mehr Kultur... Und damit fange ich diese Woche am besten gleich an. Mittwoch eine Sushi-Verabredung zum warm werden (hey, japanische Kultur!), Donnerstag Vormittag Generalprobe von 'Die Silberne Rose' in der Staatsoper (schön, wenn man gute Freunde hat), Freitagabend Werkstattkino, egal was kommt. So, geht doch...

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Altersarmut

Ein fieses Wort... immerhin über 80.000 Hits bei Google. Ich habe den Stier heute bei den Hörnern gepackt und mich aufgemacht zur Verbraucherzentrale, um mich über private Altersvorsorge informieren zu lassen. Fieses Wort, fieses Thema... ich werde also bis ans Ende meiner Tage schuften müssen, falls sich nicht doch noch ein "Knight in Shining Armor" findet, der mich mal versorgt. Trotzdem, diese kalte Dusche kann ich jedem Freiberufler nur empfehlen. Hilft vielleicht beim realistische Preise kalkulieren!

By the way... auch diese Seite hier läd zum mutige(re)n kalkulieren ein.

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Mein Kieferchirurg ist tot. Eben habe ich mit seiner Mutter telefoniert und stehe jetzt total neben mir. Nicht, dass ich ihn gut gekannt hätte. Aber...

Der war noch keine 40, groß, ziemlich gut aussehend, charmant wie der Teufel. Irgendwie ein Winner-Typ. Immer am lachen, immer gut drauf. So jemand stirbt nicht einfach so, sollte man denken.

Ich bin manchmal so naiv...

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kriseln und denken

Das schlimmste an einer Beziehungskrise ist der Tag danach, auch wenn alles schon wieder gut ist. Man fühlt sich schlecht - und nicht nur, weil man zu wenig geschlafen hat. Man kann nichts essen (und freut sich immerhin heimlich, weil die Waage es einem danken wird). Man hat dieses Loch im Bauch und in der Herzgegend. Es zieht einen nach draußen unter die Bäume, in die Natur. Nachdenken. Man denkt darüber nach wie es wäre, wenn man allein wäre. Wie würde man leben? Wo? Wie die Freunde aufteilen? Geht das überhaupt? Würde man das über-leben? Zweifellos! Aber will man? Man reißt sich schließlich zusammen und denkt sich 'Was soll's? Es ist ja nicht vorbei'. Bis zum nächsten mal...

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