Von der Ur-Punkbewegung habe ich ja leider nichts mehr mitbekommen, aber auch die späten 80er hatten ihre schönen Seiten... damals, in der schwäbisch-bayerischen Provinz...

Im Werkstattkino laufen momentan einige Filme zum Thema Punk und einen habe ich mir heute Abend angesehen: Mia san dagegn! (Ich glaube, ich habe das Werkstattkino noch nie so voll erlebt. Ex-Punks mit korrektem Haarschnitt neben Rotznasen mit der Korn-Flasche in der Hand). Jedenfalls ein feiner Film über die Münchner Punkszene. Die Mengen an Live-Footage und teilweise genialen Interviews mit Altpunks bringen eine Menge Anarcho-Feeling rüber.

In der ehemaligen Karmeliterkirche läuft noch bis zum 7. Dezember die Ausstellung Noch mal leben vor dem Tod mit Fotografien von Walter Schels und Texten von Beate Lakotta. Es kostet wahrscheinlich etwas Überwindung, sich die Bilder anzusehen, denn sie zeigen den Tod - und das sehr deutlich. Die Künstler haben sterbende Menschen während ihrer letzten Tage begleitet und eindrucksvolle Portraits geschaffen. In 49 Bilderpaaren werden die Sterbenden jeweils vor dem Tod und kurz danach gezeigt.

Die Ausstellung wird von wissenschaftlichen und kulturellen Veranstaltungen rund um das Thema Sterben begleitet. Gestern zum Beispiel wurden in einem wissenschaftlichen Vortrag Modelle zur (Lebens)Sinnsuche vorgestellt.

Wie es um den eigenen Lebenssinn so bestellt ist, kann man übrigens im Rahmen des SMiLe-Projekts (Schedule for Meaning in Life Evaluation) selbst online herausfinden.

Ob das ein Fake ist?

Ein Wochenende geprägt von Saint Reverend Jen. Hätte ich auch nicht gedacht, als ich sie im Juni in New York auf der Bühne sah. 'Skurriles Wesen' habe ich mir da gedacht. Und: 'auf Drogen, die Gute'. Spannend fand ich sie doch. Wer hat schon ein Troll-Museum zuhause und läuft mit Elfenohren rum? In München hätte ich wahrscheinlich die Augen verdreht, in New York sieht man das gelassener... live and let live. Die Einstellung ist angenehm und steckt an. Selbst mich alte Grantlerin...

Hier im ordentlichen München läuft sowas ohne Frage anders. Das ist doch alles höchst verdächtig. Da könnte ja jede(r) kommen mit unperfekten Amateurfilmchen und selbst gebundenen Büchelchen und sich Künstler nennen. Trolle? Kinderschnickschnack!

Ich kann nur sagen, ich bin froh, dass ich während der letzten paar Tage die Frau hinter dem Kunstwesen kennenlernen konnte und wenn ich auf Frauen stehen würde, hätte ich mich wahrscheinlich verliebt. Ich habe eine unheimlich kluge und lebenserfahrene Frau mit einem riesigen Herzen kennengelernt. Eine, die 'Freaks' um sich schart und mit offenen, wenn auch manchmal rot geränderten Augen durchs Leben geht. Eine, die schon Anfang der 90er gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen hat (mit einem für einen Dollar gekauften Reverend-Titel), sich lokalpolitisch mit Demos und Aktionen engagiert und fest in ihrem Viertel und mit dessen Bewohnern verwurzelt ist. Eine begabte Künstlerin. Eine, die kein leichtes Leben führt und trotzdem jede Menge Spaß hat. Eine, die ich um ihre Freiheit auch ein klein wenig beneide.

Thanks Jen, für ein Wochenende mit zu viel Alkohol und vielen Geschichten und dass ich meine Stadt mal wieder mit den Augen einer Fremden sehen konnte. Wenn ich das nächste mal in Deine Stadt komme, bringe ich Dir aus dem Kloster-Andechs-Souvenirladen auch einen 1-Liter-Maßkrug mit. Versprochen!

Falls jemand heute, also am 05.11. in Berlin ist und keine Elfen- oder Trollphobie hat, hier liest sie noch ein bisschen aus einem ihrer Bücher vor und zeigt ein paar Filmchen.

Ne, eigentlich sollen das ja Elfenohren sein. Ich kann da allerdings keinen Unterschied erkennen...

Jedenfalls kommt Frau Jen heute nach München und gibt sich morgen im Laden in der Lothringer 13 die Ehre.

Ich freue mich auf jeden Fall! Mal sehen, ob der New Yorker Zauber anhält.